Mein Geschenk an dich:

So reagierst du souverän auf Kritik!

 

Meine innere Stimme

Von Bianca Koschel

11. Februar 2020


Kennen Sie den Loriot-Sketch, in dem ein Mann gemütlich in seinem Sessel sitzt und einfach nichts tun möchte (falls nicht, bei Youtube hier zu finden: https://www.youtube.com/watch?v=Iuobpte4ndQ)? Das ist ihm leider nicht vergönnt, weil seine Frau die ganze Zeit geschäftig durch die Küche klackert und ihn mit Fragen nervt, was er denn jetzt, wo er doch endlich einmal Zeit habe, zu tun gedächte. Sie macht ihm unablässig Vorschläge, was er unternehmen könne, denn „nichts tun“ ist in ihren Augen genau das Gegenteil einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung.

Eine ähnlich unermüdlich antreibende Besserwisserin, für die jede Art von Müßiggang geradezu Todsünde ist, bewohnt auch meinen Kosmos von „inneren Ichs“. Neulich war ich beispielsweise krank und konnte nicht arbeiten gehen. Die ersten Tage habe ich nur geschlafen, aber dann ging es mir besser und ich machte es mir auf dem Sofa gemütlich, um mit einer Kanne Tee die 3. Staffel von „This is us“ auf Netflix zu schauen.

„Jetzt hättest du doch mal Zeit, etwas im Haushalt zu erledigen“, flötet meine innere Stimme, nennen wir sie einfach Brigitte. „Aber ich bin doch krank und muss mich schonen“, erwidere ich maulend. „So krank bist du aber auch nicht mehr“, mahnt Brigitte nachsichtig lächelnd. „Du wärst schon wieder fit genug, um den Kühlschrank auszuwischen oder die Wäsche aufzuhängen.“ Ich wehre mich: „Das ist mir zu anstrengend! Nach dem Fieber muss ich es jetzt mal ruhiger angehen lassen!“ Brigitte nickt milde zustimmend. Nach einer Weile flüstert sie: „Wenn du gerne liegend etwas schauen möchtest, könntest du doch auch ein YouTube-Videos zum Thema Mehrsprachigkeit für deinen Deutschkurs heraussuchen.“ Langsam werde ich ärgerlich. „Das ist mental anstrengend“, widerspreche ich heftig, „davon bekomme ich Kopfschmerzen!“ Brigitte zieht amüsiert und leicht ungläubig die Brauen hoch, schweigt aber. Leider nur für wenige Minuten, dann wirft sie ein: „Frische Luft wäre jetzt genau richtig für dich.“ „Kann sein“, sage ich unwirsch. „Prima“, freut sich Brigitte „dann nimm gleich die leeren Flaschen mit und kauf auf dem Weg ein paar Brötchen ein“. Ich seufze und schaue auf die Uhr. Am Ende einige ich mich mit Brigitte auf folgenden Deal: Sie lässt mich noch eine Stunde ganz in Ruhe meine Serie schauen, dafür verspreche ich ihr, danach aufzustehen und mit einem französischen Hörbuch eine Runde spazieren zu gehen. Ob ich Brötchen mitbringe, weiß ich aber noch nicht.

Wir alle haben eine Menge innere Stimmen in uns. Meine Brigitte würde ein  Psychologe als Teil meines „Eltern-Ichs“ bezeichnen, weil sie mir ständig sagt, was ich tun sollte, was vernünftig und sinnvoll wäre, was aber niemals meiner natürlichen Neigung entspricht. Ich habe gelernt, mit meiner Brigitte zu leben. Ich weiß, dass ich sie niemals loswerde und sie hat ja auch oft recht mit ihren Ermahnungen. Ich gebe ihr aber auch nicht immer nach, weil ich genau weiß, dass auch meine faulen, undisziplinierten, lustbezogenen Seiten zu ihrem Recht kommen dürfen. Meine pflichtbewusste Brigitte sorgt schon dafür, dass diese nicht Überhand nehmen und verhandelt hart mit mir, bis wir einen Weg gefunden haben, mit dem wir beide zufrieden sind.