Mein Geschenk an dich:

So reagierst du souverän auf Kritik!

 

Die kann mich einfach nicht leiden!

Von Bianca Koschel

4. Februar 2020


Sehr oft suchen Schüler (ich schreibe der Einfachheit halber in der geschlechterneutralen Form „Schüler“ und „Lehrer“, meine Aussagen beziehen sich aber auf alle Geschlechter) meine Beratung auf, weil sie das Gefühl haben, dass bestimmte Lehrer sie nicht leiden können und deshalb nicht gerecht behandeln oder benoten.

Natürlich kann ich nur von mir persönlich und nicht von der Gefühlslage aller Lehrer sprechen. Ich bin aber ziemlich sicher, dass es bei sehr vielen Lehrern ganz ähnlich ist wie bei mir. Ich bin Schülern gegenüber meistens sehr viel weniger emotional eingestellt als diese annehmen. Den meisten Schülern bringe ich eine sehr gesunde, professionelle emotionale Distanz entgegen. Die Kategorien „mag ich“ und „mag ich nicht“ kommen viel eher bei privaten Kontakten und Begegnungen zum Tragen, während sie bei meinen Schülern eine wesentlich kleinere Rolle spielen.

Natürlich kann sich kein Mensch völlig frei davon machen, dass man für sein Gegenüber Emotionen entwickelt. Und sicher hat es in den vielen Jahren meiner beruflichen Tätigkeit schon Schüler gegeben, die ich besonders mochte und auch ein paar, für die ich Antipathie empfunden habe. Aber in dieser Extreme sind das absolute Ausnahmen, die ich immer noch an einer Hand abzählen und namentlich benennen könnte. Das Gros meiner Schüler genießt eine positive Wertschätzung, befindet sich aber außerhalb der von mir beschriebenen emotionalen Bewertungskategorien. Sie sind mir also im allerbesten Sinne des Wortes „egal“. Das heißt natürlich nicht, dass mir ihr schulischer Erfolg oder Misserfolg egal ist! Ganz im Gegenteil: meine Aufgabe ist es als Lehrerin, ihnen etwas beizubringen und sie auf ihrem Weg auf vielfältige Weise zu unterstützen. Meine Aufgabe ist es aber nicht, sie zu mögen oder sie abzulehnen.

Daraus leitet sich nicht ab, dass ich zwangsläufig auch alle Schüler gleich behandele. Es kann durchaus sein, dass ich mich einigen gegenüber strenger verhalte, sie vielleicht mehr Gegenwind spüren lasse, während ich anderen gegenüber milder, vorsichtiger oder nachsichtiger bin. Ich kann aber versichern, dass das absolut nichts über meine Sympathie aussagt. Es ist ganz im Gegenteil Ausdruck dafür, dass ich versuche, mich auf jeden einzelnen Schüler individuell einzustellen, ihm das zu geben, was er benötigt, um seinen persönlichen Lernprozess erfolgreich zu gestalten. Ich werde sicher einen sehr zurückhaltenden und schüchternen Schüler sanftmütiger behandeln als den vorlauten Naseweis, der immer das letzte Wort haben muss. Trotzdem rangieren wahrscheinlich beide bei mir emotional auf einer Ebene.

Die Notengebung hat in den allermeisten Fällen nicht das geringste mit Sympathie oder Antipathie zu tun, was Schüler allerdings oft nicht glauben. Aus Schülersicht kann ich das auch gut nachvollziehen, denn während wir Lehrer eigentlich nur eine ganz bestimmte Leistung bewerten müssen, fühlen sich Schüler oft dabei in ihrer Persönlichkeit beurteilt und gekränkt. Lehrer lassen in ihre Bewertungen (zu denen sie nun einmal verpflichtet sind) Wahrnehmungen einfließen, die sich von denen der Schüler gänzlich unterscheiden können. Das ist verständlicherweise für den Schüler bitter und fühlt sich ungerecht an. Es hat aber ziemlich sicher nichts damit zu tun, dass der Lehrer den Schüler nicht leiden kann, sondern damit, dass beide unterschiedliche Wahrnehmungen haben.

Vielleicht hilft es, sich immer wieder klar zu machen, dass Probleme mit Lehrern in der Regel nicht ursprünglich auf einer emotionalen, sondern auf einer sachlichen Ebene entstanden sind. Wenn es gelingt, diese ursprünglichen Probleme zu ermitteln, können sie angesprochen und geklärt werden.